Ephesos zählte zu den größten und bedeutendsten Städten der Antike. Österreichische Archäologen haben Teile der ehemaligen Metropole wieder aufgebaut - zum ersten Mal am Computer und mit aufwändigen 3D-Scans. Von Torsten Schäfer
Ephesos war einer der imposantesten Orte der Antike: Einst lebten hier wohl 250.000 Menschen, und unter römischer Herrschaft war die Stadt die wichtigste Metropole Asiens. Über die prächtige Kuretenstraße zogen die Herrscher durch Ephesos - vorbei am Hadrianstempel und dem marmornen Oktogon, einem Grabmonument in Tempelform, in dem Kleopatras Schwester Arsinoe 41 v. Chr. beerdigt worden sein soll.
Der achteckige Bau wurde 1904 ausgegraben, allerdings kam nur sein Sockel zum Vorschein. 170 weitere Bauteile sammelten Archäologen zusammen, einige blieben bis heute verschollen. Wie genau das Oktogon aussah, ließ sich bislang nur anhand einer Zeichnung vermuten. Wissenschaftlern des Österreichischen Archäologischen Instituts (OEAI) ist es nun in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Wien gelungen, das Gebäude vollständig wieder aufzubauen - am Computer und mit Hilfe neuester 3D-Scanner. "Zum ersten Mal wurde ein antikes Gebäude auf diese Art virtuell rekonstruiert", sagt Barbara Thuswaldner vom OEAI. Auch an anderen Ruinen in Ephesos soll die von der deutschen Breuckmann GmbH entwickelte Scanner-Technik bald eingesetzt werden.
Von allen Seiten scannte Thuswaldner die Bauteile des Oktogons. Am Computer legte sie die Scans übereinander, sodass ein dreidimensionales Gitter-Modell für jedes Objekt entstand. Mit diesen virtuellen Bausteinen konnte die Forscherin das Oktogon am Bildschirm "steingerecht" nachbilden, wie sie sagt.
Am Computer haben Archäologen das marmorne Oktogon in Ephesos rekonstruiert© Österreichische Archäologische Institut
Die virtuelle Rekonstruktion bietet Archäologen ganz neue Möglichkeiten, spart Zeit und Geld: Bislang zeichneten sie jedes Bauteil einzeln und legten die Skizzen aneinander, um ein Gesamtmodell für die Rekonstruktion zu erhalten. Dann wurden die antiken Bausteine in aufwändigen Arbeiten aneinandergesetzt - wegen ihres Gewichts oft mit Hilfe eines Krans. Nur so konnten die Forscher überprüfen, ob sich mit ihren Zeichnungen das Gebäude wirklich neu aufbauen ließ. Bei der 3-D-Rekonstruktion am Bildschirm können Archäologen nun selbst tonnenschwere Blöcke so lange verschieben, bis sie optimal zueinander stehen. Durch die Genauigkeit der Scans erkennen sie schnell, welche Kanten zueinander passen, oder an welcher Stelle einst einer der Metalldübel saß, die die Marmorblöcke zusammenhielten. "Es war wie ein großes Puzzle", sagt Thuswaldner.
Die virtuelle Rekonstruktion könnte Grundlage für den Wiederaufbau des Oktogons in Ephesos sein. Allerdings fehlen hierfür die Gelder. Angedacht ist jedoch, das achteckige Monument für Besucher des Wiener Ephesos-Museums virtuell erlebbar zu machen. Dann müsste man nur eine 3-D-Brille aufsetzen - und stünde auf der Kuretenstaße von Ephesos, mitten in der Antike.
Quelle: Stern.de