Hallo, lieber Trajan.
Mitnichten bin ich böse und sehr dankbar für jeden Hinweis. das zeigt doch, dass Du Dich mit dem Thema auseinandersetzt, wie ich das tue.
Ich arbeite mit Cinem 4D, kenne aber auch 3DSMAX, das Du benützt. Allen 3D-Programmen ist eine gewisse Sterilität ihrer Objekte eigen, und Du hast recht, dass darunter gerade Rekonstruktionen leiden.
Aber das kann auch reizvoll sein und küstlerisch sogar eingesetzt werden.
Ich habe mir oft damit geholfen, mit großer Vorsicht - Flächenschatten nd ambient okklusion einzusetzen. Außerdem benütze ich noiseshader in verschiedenen Variaten und Zusammenstellungen. Da ist aber größte Vorsicht geboten. Denn ein kleines bißchen Zuviel und die Probematik bei Lichtveränderungen und Veränderung des Kamerastandpunktes kann wieder Stunden kosten, um halbwegs befriedigende Ergebnisse jedes mal aus neue zu erzielen.
Bei dem Urtempel übrigens habe ich getan, was Du dir wünscht. Hier ist teils sehr grob bearbeitete alte Eiche zu sehen - wie ich inständig hoffe.
Was nun unseren Film betrifft, gehen wir eigentlich auch mit anderen Vorgaben vor. Unser Ziel ist es, den griechischen Tempel der Antike nicht zu "fotografieren", sondern von den in ihn hineinprojozierten Idealen zu zeigen. Er soll sich so zeigen, wie ihn die Menschen, die ihn schufen, gerne immer gehabt hätten, ästhetisch und zeitlos schön.
In Olympia wurde wie anderswo auch viel mit Tuff gebaut. Der wurde fleißig übertüncht, um ihn stets strahlend weiß, verziert mit den Farben blau, rot, ocker (in der Hauptsache) zu präsentieren. Wo es nur ging und bezahlbar war, wurde mit z.B. pentelenischem Marmor gearbeitet, um die strahlende Reinheit des Überzeitlichen sichtbar werden zu lassen. Die Zeusstatue wurde ständig gereinigt und auf Hochglanz gehalten. Man wollte keine Risse im Elfenbein, keine verstaubten Ornmanete am Thron. Es ist aus den alten Schriften anzunehmen, dass ein eigenes Kollegium für das "Wohlergehen" der Statue installiert war.
Die Griechen haben ein philosophisches Prinzip entwickelt, das gerade auch beim Tempelbau wirksam war. Es sollte alles zum Guten, Schönen und Wahren entwickelt werden. Und der Tempel hatte das zu repräsentieren. Daher möchte ich gerne die schönen Bauten aus den Prozesses des Verfalls heraushalten und sie dem zeitlosen Ideal der kalokagathie überlassen.
Vielleicht ist gerade das dann eine Rekonstruktion, wenn man den idealen Vorstellungen der antiken Baumeister die Ehere gibt und nicht der stets destruktiven Realität, die wir täglich unter unseren Füßen haben.
Du lieber Trajan, beschäftgst Dich mit römischen Objekten, wie ich sehe. Ich gestehe, dass in diesem Architekturbereich philosophischer Iedealismus nicht das Richtige wäre. Zu verschieden waren sich beide Völker in Ihrem Weltverständnis.
Noch ein Wort zu Fotorealismus. Sehe ich ein altes Gemälde - sagen wir mal von einem Marktplatz und schaue mir den selben Marktplatz auf einem Foto an, aufgenommen zur selben Zeit und vom selben Standpunkt, wie gemalt, dann zeigt sich die Schwäche gerade des Fotorealismus. Er fesselt nicht, er geht nicht in die gedankliche Tiefe, bleibt an der Oberfläsche, wo er halt auch hingehört.
Das war nun viel. Ich hoffe, Du hast durchgehalten. Vielleicht kommen wir mal in Deine Landschaft und laden dort die Leute zur Zeitreise ein, dann würden wir uns sehr freuen, Dich dort zu sehen.
Alles Gute und Tausend Dank
Alexander und Jürgen
http://www.antikdigital.de
AEI SPOURAZE PERI KALO KAI AGATHO KAI ALÄTHEIA - Dein Streben sei stets auf das Schöne, Gute und Wahre gerichtet.