Wasserverteilung

Übersicht


Jede Wasserversorgung, ob durch Brunnen, Quellen, Zisternen oder Leitungen, bedarf eines Verteilersystems. In griechischer Zeit gab es die aufwändigen Rohrleitungssysteme der römischen Zeit noch nicht. So wurde das Wasser an Entnahmestellen durch die Menschen mit Hilfe von Gefäßen an den Bestimmungsort getragen. Auch in römischer Zeit nahm die manuelle Wasserverteilung einen nicht geringen Anteil ein. Die Verteilung des Wasser über Leitungssysteme war sicher in allen größeren römischen Städten vorhanden, aber wohl nicht flächendeckend. Viele vor allem ärmere Haushalte wurden manuell über die öffentlichen Wasserentnahmestellen versorgt. In einer römischen Stadt gab es also immer beide Versorgungsarten parallel nebeneinander.

Die römische Wasserverteilung über Leitungssysteme erfolgte nach einem dreistufigen System. Das Wasser wurde zuerst in den Fernwasserleitungen zu den Hauptverteilerbauwerken ( castellum dividicula) geleitet. Von dort gingen drei Hauptsyteme ab, welche das Wasser über die im Stadtgebiet an erhöhter Stelle gelegenen Wassertürme (castellum secundaria) dem Verbraucher zuführten.


Das erste Hauptsystem versorgte die öffentlichen Brunnen mit Trinkwasser für die Bevölkerung. Das zweite war zur Versorgung öffentlicher Anlagen wie Theater, Nymphäen und Thermen u.ä. vorgesehen. Das dritte Hauptsystem diente privaten Wasserabnehmern. Der Abgang der einzelnen Hauptsysteme in den Verteilern war so konstruiert, dass auch bei niedrigem Wasserstand das erste Hauptsystem immer Wasser führte. Neben der technischen Betreuung der Wasserleitungen gehörte vor allem die sozial gerechte Verteilung des Wassers zu den Hauptaufgaben der curatores aquarum (Beauftragte des Kaiser und des Senat für die öffentlichen Wasserleitungen). Es war den Bürgern Roms aber auch möglich, Anträge für private Wasseranschlüsse an den Kaiser persönlich zu stellen. Die Genehmigung erfolgte gegen eine Gebühr. Die Wasserentnahme aus öffentlichen Brunnen und Wasserbecken war für die Bevölkerung dagegen unentgeltlich. Daher gehörte zu den Aufgaben der curatores aquarum auch, dass die öffentlichen Brunnen ohne Unterbrechung Wasser führten.


Wasserentnahmestellen
Krenai (gefaßte Entnahmestellen)
Salientes (Laufbrunnen)
Verteiler
Verteilerbecken (Verteiler 1.Ordnung)
Wassertürme (Verteiler 2. Ordnung)
Rohrleitungen
Tonrohre
Bleirohre
Bronzerohre
Holzrohre
Steinrohre
Rohre aus opus caementitium

Wasserentnahmestellen - Krenai

Krenai - Die Bezeichnung Krene kommt aus dem Griechischen und bezeichnet eine von Menschenhand eingefasste, ummauerte oder anders geschützte Wasserentnahmestelle. Durch die Möglichkeit der Fernwasserleitungen rückten die Krenai von den Wasserquellen näher hin zu den Verbrauchsstellen in den Städten. Diese nennt man dann auch Leitungskrene im Gegensatz zu der Quellkrene. Bei den Leitungskrenai gibt es zwei Grundtypen, die Krene als Gebäude mit einem schützenden Dach und die kleinen ofenen Krenai, die es sehr vielfältigen Formen gab. Sehr häufig gab es in griechischer Zeit Krenai mit Wasserspeier in Form von Löwenköpfen. Auch die Krenai mit Schöpfbecken überwiegen im griechischen Einflußbereich.


Wasserentnahmestellen - Salientes (Laufbrunnen)

Salientes (Laufbrunnen) - Auch schon in spätgriechischer Zeit kamen die ersten Laufbrunnen, Salientes genannt, auf. Einige Städte gingen in dieser Zeit dazu über, ihr Leitungsnetz stärker als bisher zu verästeln und Nebenstränge zu den einzelnen Stadteilen und später den römischen Insulae zu verlegen. Das war das Ende der großen an zentraler Stelle der Stadt gelegenen Krenegebäuden, mit großen Einzugsbereich und damit auch einem entsprechend großen Andrang. An ihre Stelle traten immer mehr Laufbrunnen in den einzelnen Stadtteilen oder den späteren römischen Insulae. Selbst in antiken römischen Großstädten wie Rom wurde ein Großteil des privaten Wasserverbrauchs über solche Laufbrunnen gedeckt. Die Laufbrunnen gab es in vielfältigen Formen. Unter dem Wasserausfluss befanden sich Becken und Schalen aller Art sowie eckige oder halbrunde Nischen mit und ohne zusätzlichen Schmuckelementen, wie Pfeiler, Säulen, Wände oder Mauern. Zu den traditionellen Löwenköpfen als Speiern kommen weitere Motive hinzu, wie Büsten aus dem mythischen Bereich, Flussgötter, Masken aus dem Theaterbereich oder andere Tierköpfe wie Stiere oder Widder.


Verteilerbecken (Verteiler 1.Ordnung)

Die sogenannten castellum dividicula, Verteilerbecken 1. Ordnung, befanden sich am Stadtrand und sind eine Entwicklung aus römischer Zeit. Hier endete die Fernwasserleitung und es gab mehrere Abgänge zu verschiedenen Bereichen des innerstädtischen Leitungsnetzes.


Castellum dividicula in Nîmes (F)

Wassertürme (Verteiler 2. Ordnung)

Diese konnten bisher nur selten nachgewiesen werden (z.B. in Pompeji), aber waren vermutlich in einigen Städten vorhanden. Sie werden auch castellum secundaria genannt, Verteiler 2. Ordnung. Sie lagen am Ende der innerstädtischen Leitungsstränge und von dort wurde das Wasser erst in öffentliche Gebäude oder private Häuser weitergeleitet. Durch Ausnutzung des Prinzip der kommunizierenden Röhren konnten so auch höhergelegene Stadtbereiche versorgt werden.


Rohrleitungen - Tonrohre

Die ersten Wasserzuleitungen in minoischer Zeit waren aus Ton gefertigt und bis in die Spätantike waren dies die am weitesten verbreitetsten und genutzten Rohrleitungen. Allerdings haben sich Form, Durchmesser und die Verbindung der einzelne Rohrstücken über die Zeit weiterentwickelt. Die Außenwände griechischer und römischer Tonrohre sind glatt. Die Innenwände sind von unterschiedlicher Qualität, von sehr fein geschlemmtem Ton bis hin zu recht rauhen Wänden ist alles vertreten. Um die höheren Reibungsverluste rauher Innenwände zu minimieren, wurde diese innen bemalt oder zusätzlich mit Schlemme überzogen. Der große Nachteil von Tonrohren liegt darin, dass die Halsenden nur etwa halb so dick sind wie die sonstige Rohrwandung. Ihr Vorteil vor allem im Vergleich zu den Bleirohren liegt in der einfacheren Reparatur sowie der gesünderen Wasserqualität. Tonrohrleitungen wurden direkt im Erdreich, aber auch zusätzlich in Sand, Mörtel oder opus caementitium verlegt.


Tonrohr in Kourion (Zypern)

Rohrleitungen - Bleirohre

Die älteste bekannte Leitung dieses Typ in der Antike ist die im archaischen Artemision von Ephesos. Erst später fanden Bleileitungen in größerem Umfang Verwendung für griechische und römische Druckleitungen, für außerstädtische Zuleitungen, die innerstädtischen Verteilersysteme sowie Hausanschlüsse. Bleirohre hatten einen tropfenförmigen Querschnitt, der sich bei entsprechendem Druck aufweitete und letztendlich die Kreisform erreichte. Die einzelnen Röhren wurden mit verlöteten Muffen aus Blei verbunden. In römischer Zeit waren die Rohrmaße vereinheitlicht und stellten damit eine der ältesten Normierungen der Welt dar.


Bleirohr in der Therme von Badenweiler (D)

Rohrleitungen - Bronzerohre

Dieser kostspielige Leitungstyp wurde lediglich für Verbindungsrohre oder für den Anschluss von Privathäusern an das Leitungsnetz verwendet. Bronzerohre fanden aber auch bei Verteilerbecken Verwendung oder um unerlaubte Wasserentnahme zu verhindern. Außerdem wurden sie bei Unterwasserleitungen (wie z.B. von Sizilien zur Insel Motia) eingesetzt.


Rohrleitungen - Holzrohre

Holzrohre haben sich aufgrund der Verhältnisse in den ehemaligen römischen Provinzen nördlich der Alpen wesentlich besser erhalten als im Mittelmeerraum. Hals und Kragen wurden geschnitzt oder gedrechselt. Die einzelnen Holzröhren wurden mit eisernen Muffenkränzen zusammengehalten, die sich bis heute teilweise besser als die hölzernen Röhren erhalten haben.


Eiserne Muffenkränze in Kempten (D) Gesehen in den Vitrinen der Kleinen Thermen

Rohrleitungen - Steinrohre

Steinrohre waren im Gegensatz zu Bleirohren in Druckleitungsstrecken noch besser einzusetzen. Normalerweise bestanden Steinrohre aus Kalkstein in unterschiedlichen Härtegraden und nur selten aus Sandstein. Im Vergleich zu den Tonrohren konnten hier die Passstücke der einzelnen Röhren genauer gearbeitet werden. Außen waren die Steinrohre zumeist quaderförmig.


Rohrleitungen - Rohre aus opus caementitium

Diese Rohre aus römischem Beton wurden wie Steinrohre vorwiegend für Druckstrecken eingesetzt. Sie konnten aber recht selten nachgewiesen werden. Ihre Herstellung war im Vergleich zu den anderen Rohrtypen aber eher einfach, da sie in Serie gegossen wurden.


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